Vom Dioxinskandal sind inzwischen acht Bundesländer betroffen. Das sagte Bundesverbraucherministerin Ilse Aigner (CSU) am Mittwoch in Kreuth. Wie es zu der Verunreinigung von Futtermittel gekommen sei, sei eine Frage der Staatsanwaltschaft.
„Ich halte das für einen schwerwiegenden Vorgang. Dazu hätte es nicht kommen dürfen“,
sagte Aigner.
Die Länder hätten umfassende Rückholaktionen eingeleitet. Sie sieht keine Fehler der zuständigen Stellen, zu spät zu reagiert zu haben.
Die Verbraucherzentrale Bremen nimmt Stellung und schreibt:
Immer wieder Futtermittel – Kontrollen versagen
Immer wieder sind es die Futtermittel, die zu erschreckenden Lebensmittelskandalen und zu einer massiven Verunsicherung der Verbraucher führen: Antibiotika, Hormone, Impfstoffe oder nicht ausreichend erhitzte Schlachtabfälle in Futtermitteln, die auch im Endprodukt Fleisch, Geflügel, Shrimps oder Ei ankommen. Was sollen Verbraucher noch alles schlucken, bevor sich etwas entscheidend verbessert? Was wurde und wird nicht bei jedem Skandal versprochen – schärfere Kontrollen, bessere Gesetze, härtere Strafen. Die aktuelle Situation zeigt, dass die Lebensmittelüberwachung längst nicht immer in der Lage ist, die Verbraucher rechtzeitig vor kriminellen Machenschaften zu schützen. Und in diesem Fall haben die Behörden komplett versagt. Der Skandal ist nicht durch ihre Kontrollen ans Licht gekommen, sondern weil ein Mitarbeiter des Futtermittelherstellers Harles und Jentzsch eine Stichprobe untersuchen ließ.
Die Firma hat über einen längeren Zeitraum – wie lange genau, ist noch nicht klar – technische Fette in die Lebensmittelkette hineingepanscht. Die Verbraucherzentrale Bremen glaubt nicht, dass es sich, wie vom Unternehmen behauptet, um Leichtfertigkeit gehandelt hat. Technische Fette sind billiger als diejenigen für die Lebensmittelproduktion. So lassen sich auch Gewinne „erwirtschaften“ – das dabei die Gesundheit von Verbrauchern und die Existenz landwirtschaftlicher Betriebe auf dem Spiel stehen, scheint völlig egal zu sein.
Die offiziellen Verlautbarungen, die bislang gefundenen Dioxinwerte seien nicht „akut“ gefährlich, sind nach Auffassung der Verbraucherzentrale ein schlechter Witz. Keiner bekommt nach dem Verzehr von dioxinbelasteten Eiern Bauchschmerzen. Aber Dioxine sind unter anderem krebserregend. Und niemand wird in 10 oder 20 Jahren mehr einen ursächlichen Zusammenhang zwischen einer möglichen Erkrankung und dem Verzehr belasteter Eier herstellen können.
Forderungen der Verbraucherzentrale:
- Die Futtermittelproduktion muss endlich so effektiv überwacht und sanktioniert werden, dass den Herstellern der Spaß an der Pantscherei vergeht. Sonst werden die zu geringen Stellenzahlen in der Überwachung, die spärliche Kontrolldichte und die offensichtlich immer noch zu laschen Strafen auch zukünftig keine große Abschreckung sein.
- Es müssen alle Stempelnummern der Eierpartien veröffentlicht werden, bei denen überhöhte Dioxinwerte gemessen wurden. Das ungleiche Vorgehen der Überwachungsbehörden muss schnellstens zugunsten einer aktiven Informationspolitik beendet werden – bundesweit.
- Solange nicht klar ist, welche Eier und Geflügelprodukte möglicherweise dioxinbelastet sind, müssen sie aus dem Handel genommen werden. Es kann nicht sein, dass Höfe vorsorglich geschlossen, ihre verdächtigen Produkte aber weiter verkauft werden.
Empfehlungen für Verbraucher:
- Solange Verbraucher nicht wissen, welche Eier oder Geflügelprodukte betroffen sind, sollten sie auf den Verzehr konventioneller Produkte verzichten.
- Bei Ökoprodukten ist das Zusetzen isolierter Fettsäuren in Futtermittel verboten. Ökoeier und -geflügel sind deshalb von dem aktuellen Skandal nicht betroffen. Ökoeier sind an ihrem Stempelaufdruck mit der Haltungs-Ziffer 0 zu erkennen, die immer an erster Stelle steht.
Quelle: Verbraucherzentrale Bremen
Tabelle: Codes der Eier mit Dioxin-Belastung über dem Grenzwert
Eiercode | Haltungs- form |
Bundes- land |
MHD bis spätestens |
Quelle |
2-DE-0513912 (Gewichtskl. XL) |
Boden- haltung |
Nordrhein- Westfalen |
20.1.2011 | Verbraucher- schutz- ministerium NRW |
3-DE-0514411 (nur braue Eier) |
Käfig- haltung |
Nordrhein- Westfalen |
20.1.2011 | Verbraucher- schutz- ministerium NRW |
2-DE-0350372 | Boden- haltung |
Nieder- sachsen |
unbekannt | Verein für kontrollierte alternative Tierhaltungs- formen e.V. (KAT) |
2-DE-0355461 | Boden- haltung |
Nieder- sachsen |
unbekannt | Verbraucher- schutz- ministerium Niedersachsen |
3-DE-0312141 | Käfig- haltung |
Nieder- sachsen |
unbekannt | Verbraucher- schutz- ministerium Niedersachsen |
2-DE-0312142 | Boden- haltung |
Nieder- sachsen |
unbekannt | Verbraucher- schutz- ministerium Niedersachsen |
2-DE-0312151 | Boden- haltung |
Nieder- sachsen |
unbekannt | Verbraucher- schutz- ministerium Niedersachsen |
2-DE-0350384 | Boden- haltung |
Nieder- sachsen |
unbekannt | Verbraucher- schutz- ministerium Niedersachsen |
1-DE-0508762 | Freiland- haltung |
Nordrhein- Westfalen |
28.01.2011 | Verbraucher- schutz- ministerium NRW |
2-DE-0508761 | Boden- haltung |
Nordrhein- Westfalen |
28.01.2011 | Verbraucher- schutz- ministerium NRW |
Stand: 7.1.2011