GWE-Wirtschaftsinformations GmbH Millionengeschäft mit amtlich wirkenden Schreiben

Das Geschäftsmodell der GWE-Wirtschaftsinformations GmbH als Gewerbeauskunftzentrale mit Sitz in Düsseldorf ist simpel und funktioniert sowohl per Brief oder mit Fax.

Anscheinend wahllos verschicken die Trickser amtlich wirkende Formulare an Unternehmen und jetzt sogar an Schulen. In diesen Schreiben wird der Anschein erweckt, die Angaben seien für Einträge in Firmenregister oder Adressverzeichnisse notwendig.

Wer darauf reinfällt und das „Angebot“ unterschrieben zurückfaxt, ist ganz schnell hunderte von Euros los, für einen vermutlich nutzlosen Eintrag in relativ unbekannten Datenregistern.

Wer jedoch seinen Fehler zu spät bemerkt, und die Rechnung nicht bezahlt, bekommt ganz schnell Ärger und Post vom Anwalt, der die Zahlung inklusive Mahngebühren einfordert, Inkassodrohung includiert.

Getäuscht, vom offiziell anmutenden Charakter des Schreibens auf grauen Recyclingpapier, füllen vor allem Selbstständige die Formulare schnell aus und unterschreiben, bevor das Schreiben fix zurückgefaxt wird. Damit hätte sich die Sache erledigt, denken diese, doch weit gefehlt !

Es folgt eine böse Überraschung: Rechnungen zwischen 500 und 600 Euro flattern ins Haus. Erst jetzt schauen sich Betroffene das Dokument genauer an, um festzustellen, dass sich im Kleingedruckten tatsächlich der dezente Hinweis auf die horrenden Kosten für den Eintrag in eine Datenbank findet und das dies in der Hektik dummerweise übersehen wurde.

Natürlich ist nicht jeder Reingefallene bereit, für dubiose Einträge in relativ unbekannte Datenregister, hohe Summen zu bezahlen und die zuständigen Ermittlungsbehörden, und später dann die Gerichte, sind überlastet mit Anzeigen wegen des Verdachts auf Betrug.

Die Abteilung für Wirtschaftskriminalität der Staatsanwaltschaft Düsseldorf, ermittelt inzwischen wegen gewerbsmäßigen Betrugs in dieser Sache. Rund 4500 Anzeigen gegen Geschäftsführer Sebastian Cyperski und seinen Chefs, den Gebrüder K., liegen auf Halde und dies konnte die Justiz irgendwann nicht mehr ignorieren. Deswegen kam es  zu einer groß angelegten Polizeiaktion, bei welcher 100  Fahnder gleichzeitig 15 Büros, Kanzleien und Wohnungen im Rheinland durchsuchten.

Acht Personen verdächtigen die Ermittler inzwischen, mehr als 100.000 Menschen abgezockt und einen Schaden in zweistelliger Millionenhöhe angerichtet zu haben

Der Deutsche Schutzverband gegen Wirtschaftskriminalität (DSW) schätzt den möglichen Gesamtschaden, den sogenannte Adressbuch-Abzocker mit deren jeweiligen Geschäftsmodellen jedes Jahr im Bundesgebiet verursachen, auf über 700 Millionen Euro, Tendenz steigend. Dabei braucht es auf der Abzockerseite, neben potentiell krimineller Energie, erstaunlich wenig Aufwand. Eine Portokasse, Drucker und die von einschlägigen Anwälten unterschriebenen Zahlungsaufforderungen reichen im Grunde aus.

Hilfreich für die Abzocker ist auch eine nicht immer eindeutige Rechtsprechung. So gibt es Gerichte, die insbesondere das von der GWE aktuell verwendete Formular für zulässig erachten.

Als Geschäftsführer der GWE tritt Sebastian Cyperski, 38, auf, dessen Polizeiakte Dutzende Seiten füllt. Jedoch entlarvt eine notarielle Urkunde, Thomas K., 40, als Hintermann der Firma. Sebastian Cyperski hingegen scheint bloß ein Befehlsempfänger zu sein, der die Kasse vollständig abliefern muss.

Hier ein Schreiben, wie es von der GWE Gewerbeauskunft-Zentrale versendet wird:

Brief Gewerbeauskunftzentrale

In der Vergangenheit berichtete Facto24 bereits ausführlich über Sebastian Cyperski und dessen einträgliche Masche:

Über die Firmen/Webseiten

gewerbeauskunftzentrale.de

GWE-Wirtschaftsinformations GmbH,

gwe-wirtschaftsinformation.de

gewerbeauskunft-zentrale.de

wurden kleine Gewerbetreibende mit einem Formular angeschrieben, angemailt und gefaxt, welches den Anschein erwecken kann, es handele sich um einen kostenfreien Service eines Branchenbuchbetreibers.

Überschrieben mit dem amtlich wirkenden Titel “Gewerbeauskunft-Zentrale” wurde um Aufmerksamkeit gebuhlt. Der Adressat wird darin aufgefordert, in dem bereits vorausgefüllten Formular fehlende oder fehlerhafte Daten zu korrigieren und das Ganze dann unterschrieben (am besten per Fax) zurückzusenden.

Ganz und gar nicht gebührenfrei war dann aber der eigentliche Eintrag: Monatlich netto 39,85 Euro sollte damals der dermaßen gelinkte zahlen. Bei einer Laufzeit von zwei Jahren immerhin 956,40 Euro plus Umsatzsteuer. Ein stolzes Sümmchen für ein sehr lückenhaftes und kaum bekanntes “Zentral”-Register.

Zum Thema Branchenbuchabzocke stellte der BGH bereits im November 2011 in einer PRESSEMITTEILUNG folgendes fest:

Überraschende Entgeltklausel
für Eintrag in ein Internet – Branchenverzeichnis unwirksam

Der Bundesgerichtshof hat heute eine Entscheidung zu der Frage getroffen, ob eine Entgeltklausel in einem Antragsformular für einen Grundeintrag in ein Branchenverzeichnis im Internet nach dem Erscheinungsbild des Formulars überraschenden Charakter hat und deshalb nicht Vertragsbestandteil wird (§ 305c Abs. 1 BGB*).

Die Klägerin unterhält ein Branchenverzeichnis im Internet. Um Eintragungen zu gewinnen, übersendet sie Gewerbetreibenden ein Formular, welches sie als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank…“ bezeichnet. In der linken Spalte befinden sich mehrere Zeilen für Unternehmensdaten. Nach einer Unterschriftszeile, deren Beginn mit einem fettgedruckten „X“ hervorgehoben ist, heißt es in vergrößerter Schrift: „Rücksendung umgehend erbeten“ und (unterstrichen) „zentrales Fax“. Es folgt die fett und vergrößert wiedergegebene Faxnummer der Klägerin.

Die rechte Seite des Formulars besteht aus einer umrahmten Längsspalte mit der Überschrift „Hinweise zum Ersteintragungsantrag, Leistungsbeschreibung sowie Vertragsbedingungen, Vergütungshinweis sowie Hinweis nach § 33 BDSG (Bundesdatenschutzgesetz)“. In dem sich anschließenden mehrzeiligen Fließtext ist unter anderem folgender Satz enthalten: „…Vertragslaufzeit zwei Jahre, die Kosten betragen 650 Euro netto pro Jahr….“

Der Geschäftsführer der Beklagten füllte das ihm unaufgefordert zugesandte Formular aus und sandte es zurück. Die Klägerin trug die Beklagte in das Verzeichnis ein und stellte dafür 773,50 € brutto in Rechnung. Die auf Zahlung dieses Betrages gerichtete Klage ist in den Vorinstanzen ohne Erfolg geblieben.

Der u. a. für das Werkvertragsrecht zuständige VII. Zivilsenat des Bundesgerichtshofs hat die Revision der Klägerin zurückgewiesen. Mit Rücksicht darauf, dass Grundeinträge in ein Branchenverzeichnis im Internet in einer Vielzahl von Fällen unentgeltlich angeboten werden, wird eine Entgeltklausel, die nach der drucktechnischen Gestaltung des Antragsformulars so unauffällig in das Gesamtbild eingefügt ist, dass sie von dem Vertragspartner des Klauselverwenders dort nicht vermutet wird, gemäß §  305c Abs. 1 BGB nicht Vertragsbestandteil. Im vorliegenden Fall machte bereits die Bezeichnung des Formulars als „Eintragungsantrag Gewerbedatenbank“ nicht hinreichend deutlich, dass es sich um ein Angebot zum Abschluss eines entgeltlichen Vertrages handelte. Die Aufmerksamkeit auch des gewerblichen Adressaten wurde durch Hervorhebung im Fettdruck und Formulargestaltung zudem auf die linke Spalte gelenkt. Die in der rechten Längsspalte mitgeteilte Entgeltpflicht war demgegenüber drucktechnisch so angeordnet, dass eine Kenntnisnahme durch den durchschnittlich aufmerksamen gewerblichen Adressaten nicht zu erwarten war. Die Zahlungsklage ist daher zu Recht als unbegründet abgewiesen worden.

*§ 305c BGB Überraschende und mehrdeutige Klauseln

(1) Bestimmungen in Allgemeinen Geschäftsbedingungen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild des Vertrags, so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht, werden nicht Vertragsbestandteil.

(2) ….

Urteil vom 26. Juli 2012 – VII ZR 262/11

AG Recklinghausen – Urteil vom 24. Mai 2011 – 13 C 91/11

LG Bochum – Urteil vom 15. November 2011 – 11 S 100/11

Karlsruhe, den 26. Juli 2012

Pressestelle des Bundesgerichtshofs
76125 Karlsruhe
Telefon (0721) 159-5013
Telefax (0721) 159-5501

Auch auf die Abzocke der GWE oder ähnlicher Adressbuch-Schwindler reingefallen ? Schreiben Sie uns doch mit der Kommentarfunktion Ihre Meinung zu dieser Masche.

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